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Der Kinsei Report.

Mo, Aug 28, 2006

Produkttests, Schuhe

Der Kinsei Report.

Über Laufschuhe im Allgemeinen und den Asics Gel Kinsei im Besonderen.

Laufschuhe sind hässlich. Oder besser: Frauenlaufschuhe sind hässlich. Laufschuhe für Männer sind schwarz mit rot. Oder dunkelgrau mit gelb. Oder silbergrau mit orange.
Laufschuhe für Frauen sind hellblau. Manchmal auch weiß mit hellblau. Oder weiß mit mint oder lila oder rosa. Passend zu den Laufjäckchen in hellblau und rosa. Designer für Frauenlaufbekleidung orientieren sich scheinbar meist am Geschmack von Pudelfriseusen und Nagelstudiobesitzerinnen.

Das führt dazu, dass ich nicht mehr so genau hinsehe. Ich gebe 100 Euro für ein paar Schuhe aus, die nur in meinem Läuferleben eine Chance haben. Im richtigen Leben würde ich sie niemals kaufen. Das gilt auch für den Asics Gel Kinsei, den mir der Laufschuhverkäufer meines Vertrauens jetzt hinstellt. Das Obermaterial-Mesh erinnert an Schuhe aus dem Sanitätsshop für Hammerzeh-Omas. Und dann: weiß mit mint. Eine mintfarbene nach außen gespreizte Gelferse, die aussieht, als wäre man versehentlich in einen Außerirdischen hineingetreten. Der Hesse kennt dafür nur ein Wort: foschbar.

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Ich ziehe sie an, weil ich dem Laufschuhläufer meines Vertrauens vertraue. Und weil er mir die Marsmännchen-Mörder günstig überlassen kann. Zu meinem Entsetzen sitzen sie sagenhaft am Fuß. Ich ziehe noch etliche andere Modelle an, darunter einen weichen Schlappen von Nike (Vomero), der sogar gut aussieht. Kein Wunder: ein Herrenmodell. Aber es hilft nichts: kein Schuh läuft sich so interessant und sitzt so sensationell wie der Kinsei. Also kaufe ich nicht zum ersten Mal einen Schuh, der mir nicht gefällt. Hübsch aussehen kann ja jede. Zum Ausgleich nehme ich noch eine traumhafte Jacke in anthrazit mit orangefarbenen Streifen mit. Zum Glück ist das Herrenmodell in S schmal geschnitten (das Damenmodell wäre hellblau gewesen).

Das erste, was mir darüber hinaus erst zuhause am Kinsei auffällt: er stinkt. Vielleicht riechen platte Außerirdische so. Aber schön ist das nicht. Für gewöhnlich achte ich darauf, dass das was ich kaufe, möglichst schadstoffarm und recycelbar ist. Dieser Schuh riecht, als müsste ich ihn in zwei Jahren in einem Salzstock einbetoniert endlagern. Im Schlafzimmer kann ich ihn unmöglich lassen. Ich stelle das emissionsreiche Paar in die hinterste Ecke der Wohnung und gehe schlafen.

Heute dann der Testlauf. Der Kinsei ist „überdämpft“ hat man gelesen. Ich kann mit diesem Urteil nichts anfangen. Ich empfinde eher das Gegenteil. Zwar ist die außerirdische Ferse ein ganz ordentlicher Puffer, dafür puffert am Vorfuß irgendwie nicht viel. Ich spüre das, was man ein „dynamisches Laufgefühl“ nennt. Während des Laufens ändert sich beinahe unmerklich mein Laufstil. Der Schuh schubst mich nach vorne. Der Vorfuß hat sehr direkten Kontakt und ich rolle ordentlich ab. Sonst eher dem Laufstil „ganzfüßiges Entenschlappen“ zuzuordnen, laufe ich auf einmal beinahe vorbildlich.
Bei neuen Schuhen habe ich oft auf den ersten Kilometern verkrampfte Fußsohlen, warum auch immer. Das bleibt hier völlig aus.

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Nach etwa einer halben Stunde bemerke ich etwas, das ich sonst nur vom Nike Free kenne: der Fuß arbeitet. Die große Zehe tastet den holprigen Weg ab, auch die anderen Zehen und der Ballen sind voll dabei. Das ist spannend und anders, als bei anderen Asics. Ich kenne etliche Modelle der 2000er Serie, den 1110er, den Kayano und den DS Trainer. Kein Schuh ist wie dieser. 
Als ich an meiner Trink-Station ankomme, bin ich zwei Minuten schneller als sonst.
Der Schuh gefällt mir. Einziger Nachteil: der durchgelatschte Vorfuß muss sich daran gewöhnen, dass er mehr zu tun bekommt und vielleicht ab und zu die Flexkerben des Schuhs spürt. Ich denke aber, es könnte funktionieren. Und: der Schuh macht ein Geräusch. Aber so etwas gibt sich ja auch manchmal. Zuhause angekommen, stelle ich den Schuh zurück in seine Stinkeecke. Doch, er hat tatsächlich innere Werte. Man soll das mit der Optik nicht so wichtig nehmen. So ein Laufschuh ist schließlich auch nur ein Mensch.

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