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Warum ich keine Sportlerin bin.

Di, Aug 16, 2016

Schnipsel

Warum ich keine Sportlerin bin.

Als ich jung war, habe ich Sport gehasst. Wegen des Schulsports. Vor allem. Aber nicht nur. Sport war für mich umweht von einer Aura des Humorlosen, einer Atmosphäre, die Fehler nicht verzeiht und in der Präzision und Perfektion erwartet wird. Nun ist Letzteres ja nichts Schlechtes, von einem Piloten oder Chirurgen würde ich Ähnliches schließlich auch erwarten. Aber das ist eine andere Art Präzision, die ohne Heroismus und mentalen Gleichschritt auskommt. So habe ich zwar (nach der Schulzeit) selbst leidenschaftlich gern Sport getrieben, aber jeglichen Anstrich von Militärischem stets gemieden. Ein Spinning-Kurs mit einem Einpeitscher in Front wäre für mich nie in Frage gekommen; um alle Kurse, bei denen einer Gruppe im Befehlston zugerufen wird, was sie zu tun hat, habe ich einen großen Bogen gemacht. Laufen war für mich immer auch die geistige Befreiung von Zwängen, selbst dann, wenn ich Bestzeiten knacken wollte.

Eine Sache fand ich jedoch immer außergewöhnlich am Sport: Die Idee von Sportsgeist. Eine ganz bestimmte Haltung, die soziale Kompetenz und Fairness beinhaltet. Emil Zatopek war ein herausragender Vertreter dieser Haltung, dem man große Empathie und Fairness gegenüber seinen Kollegen wie Konkurrenten nachsagt. Diese altmodische Idee von Sportsgeist habe ich immer gemocht und sie auch gelegentlich bei den Volksläufen auf dem Land wiedergefunden, von denen ich so oft berichtet habe. Immer häufiger frage ich mich allerdings, ob ich einer romantischen Vorstellung anhänge, die mit der Realität nicht kompatibel ist. Immer häufiger zeigt sich für mich das, was ich am Sport immer verabscheut habe: Eine ganz bestimmte Form von Humorlosigkeit, Intoleranz und Missgunst. Sie hat sich schon früher gezeigt, wenn Läufer nicht so funktionierten, wie sie sollten und Fehler gemacht haben. Zum Beispiel als Dieter Baumann 2002 beim Hamburg Marathon ausstieg. Nicht auszudenken, hätte es damals schon ein deutsches Facebook gegeben. Die Hämewelle wäre ein Tsunami gewesen. Selbst Haile Gebrselassie wurde in Foren schon als Memme beschimpft und vor allem als Absahner, der nur das Startgeld einstreichen wollte, wenn er einen Marathon abbrechen musste. Vielleicht klingt es seltsam, aber inzwischen bin ich geneigt zu glauben, dass sich gerade im Sport ein besonders hohes Maß an Unsportlichkeit durch das Kommentieren des Verhaltens anderer finden lässt. Und trotzdem bin ich überrascht und enttäuscht. Erst vor einigen Wochen habe ich etwa überrascht darauf reagiert, dass Läufer andere Läufer bedrohen, weil sie Flüchtlinge willkommen heißen. Heute bin ich verblüfft, wie viel Garstigkeit zwei blonde, fröhliche Mädchen auslösen können, die ihre Popularität genießen.

Anja Scherl, Anja Scherl, Anja Scherl. Amateurin, 40 Stunden-Woche, 44. Platz, 2:37:23. Eine fette Leistung. Respekt. Ich schreibe das jetzt ganz schnell, bevor mir gleich jemand vorwirft, bezeichnenderweise sei in meinem Text überhaupt nicht von Anja Scherl die Rede gewesen. Die viel mehr Beachtung verdient hätte als die blonden Mädchen, die viel langsamer waren, als das, was wir vom Sofa aus bestellt hatten. Genau darum hagelte es nun also Kritik. Im Grunde ist das auch verständlich, denn das ist nun mal das, was wir Deutschen einfach besser können als Marathonlaufen. In Kritik sind wir ungedopte Weltmeister. Unsere Politiker und unsere Sportler kritisieren wir besonders gern. Weil sie es einfach nicht bringen. Und weil sie viel zu viel verdienen. Im Grunde sollten sie alles, was sie tun, ohne finanzielle Zuwendungen tun. Schließlich haben sie ja auch den Ruhm. Sie arbeiten für Deutschland, also für uns. Da werden wir doch wohl auch darüber zu entscheiden haben, was sie verdienen.

Ich habe in den sozialen Netzwerken UND den Medien in den letzten Stunden Ungeheuerliches gelesen. Interessanterweise scheinen die missgelaunten Viel-Poster in den Netzwerken die Medien gar nicht zu verfolgen, denn hier ist immer davon die Rede, man würde die Hahner-Zwillinge völlig zu Unrecht feiern. Dabei wird überhaupt nicht gefeiert, es wird gedroschen. Die WELT kristallisiert sich dabei als Speerspitze des Hahner-Bashings heraus und sondert Artikel ab, die am Rande des Rufmords balancieren, in jedem Fall aber eine Dreckschleuder sind. Wer Freude daran hat, kann jetzt Artikel lesen, die mit „Das falsche Lächeln der deutschen Lauf-Zwillinge“ oder „So machen die Hahner-Zwillinge mit Mittelmaß Kasse“ überschrieben sind, verlinken werde ich diesen verbalen Abfall hier nicht. Nie habe ich mehr Missgunst und Galle in einem Artikel gefunden wie im letzteren.

Auch sonst lesen die aggressiven Kritiker nicht viel. Sie lesen nicht das persönliche Statement der Zwillinge nach dem Lauf

und schon gar nicht werfen sie einen Blick auf die Zwischenzeiten der beiden, die zeigen, welche Zielzeit sie offensichtlich angepeilt hatten und dass es ihnen nicht gelang, das Tempo zu halten, weil die eigene Form für diese Bedingungen nicht ausreichend war. Warum die Form nicht ausreichend war, darüber lässt sich sicher diskutieren. Aber das sollten die berufenen Experten tun, in Ruhe. Ob die Ablenkung zu groß war, wie Katrin Dörre-Heinig sagt und sich die beiden mit ihren vielen Aktivitäten zu sehr verzetteln, ob das Training nicht optimal lief, Verletzungen und Ermüdungen lauern oder ob die beiden einfach am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen sind, vermag ich aus der Ferne ganz sicher nicht zu beurteilen und 99% der multiplen Netzfachleute auch nicht. Dennoch hagelt es die vollkommen unbelegten Vorwürfe, man habe es hier mit „Olympiatouristinnen“ zu tun, die den Marathon gemütlich liefen, um am Ende schöne Fotos für das Familienalbum zu bekommen. Und natürlich, um „Kasse“ zu machen. Warum man mit einer „schlechten“ Leistung mehr „Kasse“ machen sollte, als mit einer guten, erschließt sich mir nicht unbedingt.

Ich habe das Rennen verfolgt und gehört, dass 23 Läuferinnen ausgestiegen sind, zum großen Teil, weil sie mit den Temperaturen von bis zu 30 Grad nicht zurecht kamen. Ich habe eine deutsche Läuferin gesehen, die vollkommen am Ende war, als sie ins Ziel kam und zwei weitere, die froh und glücklich waren, beide heil und gemeinsam ins Ziel gekommen zu sein. Ich habe niemanden gesehen, der einem anderen die Show stehlen wollte, niemanden, der diesen Lauf auf einer Arschbacke gelaufen war. Seit sechs Jahren träumen die Zwillinge davon, gemeinsam bei den Spielen antreten und finishen zu können und nun ist es wahr geworden. Wie sollte man dann im Ziel aussehen? Zerknirscht, weil die Zeit nicht so war, wie erhofft? Ich verfolge seit vielen Jahren Marathon-Übertragungen im TV. Ich habe unzählige Sportlerinnen und Sportler sagen hören, sie seien „einfach nur froh und happy“ im Ziel zu sein, ganz gleich wie die Zeit war. Profis sagen da nichts anderes als Hobbysportler. Ausgerechnet von zwei 26-jährigen Mädchen erwartet man Minuten nach einem solchen Ereignis eine messerscharfe selbstkritische Analyse.

Und dann kommen auch noch solche Tiefschläge, wie die einer Kollegin, die zuhause vom Sofa aus den Vogel abschießt und den Mädchen nichtauthentische Selbstvermarktung vorwirft, während sie selbst schon mal ein Bild vom letzten Bikini-Shopping für Facebook raussucht. Auch Läufer sind vor Demenz nicht gefeit, so scheint es, denn sonst könnte man sich ja erinnern, dass man selbst angesichts eines 15. Platzes im 10.000 Meter-Lauf bei Olympia Freudentränen weinte, stolz war, überhaupt durchgelaufen zu sein und die ganze Nacht feiern wollte, weil man schließlich lange genug auf diesen Tag hintrainiert habe.

Ich habe von Läufern und vermeintlichen Sportlern gelesen, die Hahners seien laufende Flaschen, die auf Kosten von „unseren Steuergeldern“ (?) Geld verdienen, sie würden sich die Taschen vollstopfen (eine Formulierung, die schon Dirk Thiele bei Eurosport heimisch werden ließ, zumeist aber in Verbindung mit Negern, oh Pardon, das wäre Thiele sicher niemals herausgerutscht, afrikanischen Läufern), sie seien falsch, würden alle abzocken, sie wären peinlich und sollten sich in Grund und Boden schämen und vor allem hätten sie Deutschland, unser aller Deutschland bis auf die Knochen blamiert. DLV-Sportdirektor Kurschilgen schwurbelte etwas von „Schlag ins Gesicht aller anderen Athleten der deutschen Olympiamannschaft“. Ob wohl auch alle im olympischen Dorf diesen „Schlag“ gespürt haben? Nein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl waren die Hahners wohl nicht. Und deshalb, wenn ich das recht verstehe, wohl eine Schande für Deutschland. Und ich weiß wieder, welcher Aspekt an Sport mir schon immer so tief zuwider war. Und weshalb ich früher nie eine Sportlerin sein wollte. Von Sportsgeist und von Fairness, von leben und leben lassen, ist dieser Tage jedenfalls nichts mehr zu spüren.

Eine etwas kürzere, aber sehr gute Einschätzung der Lage gibt es auch bei Kollege Saffti zu lesen: https://saffti.de/bloss-nicht-anders-sein/

Titelbild: ©_jure – istockphoto.de

25Antworten um “Warum ich keine Sportlerin bin.”

  1. das lauferei Says:

    Ein sehr treffender Artikel. Ich gebe gerne zu, dass mir Selbstvermarktung ein wenig suspekt ist – und die Hahnerzwillinge tun dies recht eifrig.
    Andererseits: ich würde es an ihrer Stelle wohl nicht anders machen.

    Aber glaubt denn wirklich irgendwer, ein Athlet reist zum Spaß nach Rio? Urlaub mit sportlichem Rahmenprogramm und Familienanschluss (womit die olympische Familie gemeint ist)? Wenn überhaupt jemand das sportliche Feigenblatt trägt, diesen kläglichen Rest des olympischen Gedankens, dann sind es doch die Sportler selbst. Ganz sicher nicht Typen wie Kurschilgen, und noch weniger alle, für die „wir“ den olympischen Marathon verloren haben. Haben „wir“ nicht. „Sie“ haben ihn gefinished, und wer wollte, durfte zusehen.

    Mit dem humorlos-strammstehenden Aspekt des Sports konnte ich auch nie was anfangen. 🙂

    Ciao,
    Harald

  2. Wiesel Says:

    Man kommt ja leider nicht darum herum in diesen Tagen 🙂

    Am besten gehen jetzt alle mal eine Runde laufen und träumen vom Finish beim olympischen Marathon – egal ob hart erkämpft oder vermeintlich locker gelaufen.

    Mit laufenden Grüßen Wiesel

  3. Yvonne Says:

    Guten Morgen, sonst bin ja fast immer deiner Meinung, aber diesemal sehe ich das schilcht ganz anders. Und zwar genau so , wie die ach so bösen obengenannten Reporter und Sprtler. Sorry, aber das muss ich gerade mal loswerden. Wir ägern uns (aslo ich auf jeden Fall) über die ständige Mißachtung durch reporter, die beim Zieleinlauf deutscher marathno läufer abschalten oder über Frisuren reden. Nun ja, wie soll man erwatren, dass deutsch Marathonläufer (innen) als ambitionierte Sportler wahrgenommen werden, die den Eindruck vermitteln, dass ihenen als mögliche wichtige rist, als der spotliche Erfolg? Das macht mich echt trurig und noch mehr das getöse um Sabrina Mockenhaupt, die ihre (öfter mal zu große) Klappe nicht halten konnte und ihre ehrloich Meinung kund getan hat. war dumm von ihr, aber ehrlich!

  4. Sternenguckerin Says:

    Zu dem, was Du über die Hahner-Zwillinge und das Gemecker schreibst: Volle Zustimmung. Unsportlich, unfair, unnötig.
    Zum „Sportsgeist“:
    In Deinen ersten beiden Sätzen finde ich mich sofort wieder. Schulsport (besonders das Laufen…ohgottohgott wie ich es gehasst habe, gefolgt vom Barrenturnen) war schlimm für mich.
    Sportsgeist im positiven Sinn habe ich überhaupt nicht kennen gelernt in jener Zeit, und in den Vereinen, wo ich kurz Mitglied war, herrschte eher Gruppendruck und Konkurrenzdenken, auch schon vor zwanzig Jahren. Kann aber auch sein, dass ich zu kurz dabei war, um die positiven Effekte zu erleben, ich will das nicht verallgemeinern.

    Mobbing im Sport kennen viele von Kindesbeinen an, ich finde es daher wenig erstaunlich, dass das in den sogenannten „sozialen Medien“ (der Brüller eigentlich, dass man sie immer noch so nennt) ebenso stattfindet.

    Laufen tue ich seit ca. vier Jahren, und ich habe von Anfang an beides erlebt: Positives, unterstützendes und anfeuerndes Mit/Untereinander, aber auch Häme und abwertendes, abschätziges Verhalten, Blicke, die Dir ganz klar sagen „was willst Du denn hier mit Deinem dicken A…“ und so weiter.

    Insofern denke ich, dass diese ganze Häme und die unschöne Seite des Sports schon immer da war, aber dank Internet blubbert es heute viel offener und ungehemmter durch die Gegend.

  5. Sascha Says:

    Hallo,

    danke für den tollen Artikel.

    Ich habe den originalen Post von Mocki zwar nicht gelesen, weil sie ihn vorher schon gelöscht hatte. Ich bin kann mit der Aussage von ihr allerdings gut leben. Lege da aber eventuell einen anderen Fokus drauf.
    Ja, die Selbstvermarktung der Hahner Twins ist beispielhaft, immer und überall lächeln einem die Beiden entgegen. Das mag man mögen oder nicht, spielt keine große Rolle denn sie bringen nicht nur für sich Aufmerksamkeit sondern auch für den Marathonsport. Das ist grundsätzlich erstmal toll.
    Dass die beiden sich beim Marathon verzockt haben, drauf gesch…. . Das passiert jedem Sportler mal, grade bei dem Wetter. Dass die beiden dann Hand in Hand ins Ziel gelaufen sind, ist auch ok. Es ging ja um nichts mehr, da kann Eine auch auf die Andere „warten“. Dafür gibt es von mir keine Kritik, zu mal ich eh nicht in der Position bin zwei Top Marathonläuferinnen zu kritisieren.
    Was mich persönlich an den beiden Hahners stört, ist das perfekte Bild dass sie aufgebaut haben, Laufsport ist eben nicht nur Lächeln und gute Laune. Da gehört auch Versagen, Tränen und Selbstkritik dazu. Dass die beiden das nicht direkt an der Ziellinie äußern ist klar, da hat man andere Dinge im Kopf. Verstehe ich. Da freut man sich eben über ein Finish bei Olympia und das Ende der langen Vorbereitung.
    Ich denke, um wieder zu Mockis Aussage zu kommen dass die Beiden in Zukunft gerne etwas „authentischer“ mit dem Thema Versagen (wobei eine 2:45 weder Versagen noch Mittelmaß darstellen) umgehen dürften. Misserfolge gehören zum Sport.

    Mocki ist auch ständig präsent, leider nicht immer mit guten Leistungen, aber sie zeigt uns auch Teile aus ihrem Sportlerleben die nicht so perfekt ablaufen und das unterscheidet sie von den Twins. Ich persönlich finde das eben auch authentischer, aber eventuell lernen die beiden Hahners das auch noch. Sind wie ja eben noch jung und nicht so erfahren wie andere Sportler.

    Das Bashing geht mir auch auf die Nerven, übrigens ebenso wie das gegen die beiden Hartings.

    Gruß
    Sascha

  6. Frauschmitt Says:

    Hallo Yvonne,
    Ich frage mich, was gewesen wäre, hätte sich nur eine der beiden qualifizieren können und sie wäre dieses Tempo gelaufen. Was sehr wahrscheinlich ist. Wäre das dann ehrlich gewesen und so ist es „falsch“? Es ist einfach eine üble Unterstellung, sie hätten sich beim Lauf geschont, die sich nicht belegen lässt. Ich bin kein Zwilling, aber wenn man so eng zusammenhängt, alles miteinander teilt, miteinander lebt, dann kommt es mir sehr natürlich vor, zusammen ins Ziel laufen zu wollen, wenn man nah beieinander läuft. Die beiden waren offensichtlich glücklich, beide heil durchgekommen zu sein, warum sollte ihr lächeln Show sein? Ich hätte gelächelt, auch bei einer miesen Zeit. Mir kommt es vor, als seien die Erwartungen an die beiden viel zu hoch gewesen. Sie sind nun mal keine Weltspitze.
    Und was die Medien betrifft: International hätte Deutschland mit einem schönen Olympischen Moment rüberkommen können. Jetzt sind wir die, die ihre eigenen Athleten in den Senkel stellen. https://www.nytimes.com/2016/08/17/sports/olympics/twins-finish-marathon-hand-in-hand-but-their-country-says-they-crossed-a-line.html
    Ehrlich ist für mich nicht per se positiv. Ich kann auch jemanden öffentlich ein Arschloch nennen und es ehrlich meinen. Man tut es trotzdem nicht. Ich fand den Angriff unterste Schublade und extrem unkollegial. Sie hat es ja selbst gemerkt und das Posting wieder gelöscht. Aber da war die Katze schon aus dem Sack. Mocki inszeniert sich selbst extrem und zwar nicht mit ihrer sportlichen Leistung, sondern mit so ziemlich allem. Deshalb geht ihr Vorwurf überhaupt nicht. Sieh Dir ihre Facebook-Seite an, dann weißt Du Bescheid. Das ist so natürlich und authentisch wie eine Miss-Wahl. Davon abgesehen, dass ihre Einstellung (die Zeit ist mir nicht so wichtig, ich bin froh und stolz, es geschafft zu haben, dabei gewesen zu sein) bei ihrer Olympia-Teilnahme 2004 exakt genauso war wie bei den Hahners (siehe Link). Wie kann man aus dem Glashaus heraus so mit Steinen werfen!!

  7. Frauschmitt Says:

    Sterneguckerin, da hast Du wahrscheinlich Recht.

  8. Norbert Saake Says:

    …ein sowas von wahrer guter Text zum deutschen Befindlichkeitswesen und dem Funktionärssport

  9. Frauschmitt Says:

    Hallo Sascha,
    Zustimmung, auch was die Hartings betrifft. Jeder geht mit der Enttäuschung anders um und wenn man auf „positiv denken“ programmiert ist, will man sicher auch, dass das Erlebnis Rio erst einmal nicht getrübt wird. Sie haben es geschafft, beide dort antreten zu dürfen und sie sind beide ins Ziel gekommen, ich kann es nachvollziehen, dass man sich erst einmal daran festhält und eine kritische Einschätzung im Ziel erst einmal wegdrückt. Die Analyse mag dann später kommen. Ich finde, dass wir ungeheuer viel von den Athleten erwarten, sie sollen nicht nur Leistung bringen, sie sollen auch sonst unsere moralischen, medialen und menschlichen Erwartungen erfüllen. Fehler oder Andersartigkeiten werden nicht mehr verziehen. Vielleicht werde ich langsam mütterlich, aber ich muss immer dran denken, dass das ja ganz schön junge Menschen sind, die sich in außergewöhnlichen und emotionalen Situationen immer perfekt verhalten sollen. Und dass wir einfach sehr viel verlangen.

  10. Jürgen Clausen Says:

    Hallo Frau Schmitt. Ich finde die Kritik an den Hahner Twins vollkommen berechtigt. Diese unehrliche Selbstinszenierung geht mir schon lange auf die Nerven. Trotzdem finde ich deinen Kommentar klasse. Viele Vorwürfe gegen die Zwillinge sind einfach unsachlich und von Neid oder Unwissen geprägt. Ich habe nach dem Lesen deines Kommentars meine Meinung zum Auftritt der Hahners in Rio doch ein wenig relativiert. Ich sehe nun vieles deutlich milder.

    Vielen Dank für deine andere Meinung.

  11. Robert Says:

    Unter allem, was zu diesem Thema schon gesagt wurde, ist dies der beste Beitrag.
    Ich sehe das ähnlich: Natürlich ist das Ergebnis der Zwillinge eine enttäuschte Erwartungshaltung unsererseits. Aber wer sind wir, eine solche Haltung überhaupt aufzubauen? Für Leichtathleten ist es nicht einfach, sich einen „Lebensunterhalt“ zu verdienen und dabei Vollzeit-Sportler zu sein. Das machen die „Hahner-Twins“ dann doch einfach geschickter als die meisten anderen.

    Aber genau hier liegt m.M.n. das Problem. Es gibt einige Sportarten, die durchaus gut bis mordsmäßig gut bezahlt werden (siehe Fußball), in den meisten olympischen Sportarten ist dies aber bei weitem nicht der Fall. Und

    Vielleicht haben sie auch einfach „die Zeichen der Zeit“ erkannt und nutzen dies in Kombination mit ihrem … pseudo-sympathischem Aussehen.

    Andererseits muss wohl die Frage gestattet sein: Wie kann es sein, dass eine Amateur-Läuferin, die Vollzeit arbeiten geht und *nur* nebenberuflich Läuferin ist, in Rio ein deutlich besseres Ergebnis erzielt, als ein Berufssportler-Zwillingspaar und 87 weitere Läuferinnen? Wobei ich bei letzteren nicht weiß, wie viele Vollblut-Amateure noch darunter sind.

  12. Frauschmitt Says:

    Hallo Jürgen,
    vielen Dank für Deinen tollen Kommentar!

  13. Helga Klappenstiel Says:

    Hallöchen Frau Schmidt,
    ich habe das auch mit Bedauern verfolgt, was so geschrieben wird. Auch im Forum einer großen deutschen Laufzeitschrift haben sich wieder die üblichen Verdächtigen zusammengerottet, die nichts Besseres zu tun haben als alles und jeden schlecht zu machen. Weil man sich dann selbst als Held fühlt – ja das sind sie; die Helden die für 10 Kilometer 45 Minuten brauchen oder auch nur 40, aber auf jeden Fall alles besser können und über jeden Jogger die Nase rümpfen.
    Zu den Hahners: Sie sind doch erst zusammen gelaufen, nachdem beide aussichtslos weit hinten zurücklagen. Warum nicht so etwas Einmaliges wie Olympia genießen, wenn es eh nicht zu Plätzen weiter vorne reicht. Ich finde das legitim. Sollen die Kritiker doch selbst mal einen Marathon bei 35 Grad in der Sonne zurücklegen. Dann reden wir weiter.

  14. Thorsten Scheer Says:

    Klasse Artikel! Besonders die Aussagen von Kurschilgen waren daneben. Bei solchen Funktionären graust es mich.

  15. Yvonne Says:

    Liebe Heidi,
    ja, mit ganz vielen deiner Antworten hast du recht, wobei es ja gar nicht um „recht haben “ geht, aber letztlich schließe ich mich auch da wieder an. natürlich kann niemand, werder wir noch sonst wer beruteilen, ob sie sich „gebührend“ (gruseliges Wort…) angetrengt haben. Das wollte ich auch gar nciht unterstellen. Offen gesagt ging und geht es mir einfach um edn Eindruck, den das Bild bei vielen Menschen hinterläßt, und da würde ich persönlich mir eher wünschen, dass es bei einem olympischne Marathon nicht AUSSIEHT, als wäre es ein gemütlich Spaziergang gewesen.
    Letzlich vermutlich alles Ansichtssache und das ist gut so. Was klar wird: das Bild hat aufgewühlt, – uns Alle .
    Danke, in jedem Fall, dass wir hier nochmal in Ruhe darüber „laut denken“ dürfen!

  16. Sabine Says:

    Hallo Frau Schmitt!

    Ich muss leider in diesem Fall sagen, dass ich anderer Meinung bin. Wer wie die Hahner Zwillinge eine höhere Medien- und Werbepräsenz hat als die Beste(n) in dieser Disziplin, muss immer auch damit rechnen, dass sie mit einem kritischeren Auge gesehen werden. Mir war das Dauerlächeln und die ständige „es macht ja soviel Spass“ Botschaft schon lange vor dem Olympia-Auftritt der Hahners – gelinde gesagt – suspekt. Mir sind da Läufer und Läuferinnen lieber, die medial unter dem Radar fliegen, auch mal schlechte Tage haben und dazu stehen … mit denen kann ich mich auch als reine Volksläuferin besser identifizeren.

    Bei einem Wettkampf alles zu geben und trotzdem unterzugehen, ist keine Schande. Wenn man aber eine so hohe Präsenz hat – und dann liefert mindestens eine der beiden nicht ihre beste Tagesleistung ab (denn man kann mir nicht sagen, dass die Gene da so sehr im Einklang sind, dass sie beide den gleichen EInbruch haben und sich dann auf der Zielgeraden plötzlich nebeneinander wiederfinden) dann muss man sich auch Kritik gefallen lassen. Und trotz Temperaturen: Ein Gap zwischen vorolympischer Bestleistung und Zeit bei Olympia von mehr als 15 Minuten ist beschämend. Da ist etwas gehörig schiefgelaufen. Was auch daran zu sehen ist, dass die Hahners schon nach 10km ihren Zeit-Fahrplan aufgeben mußten – Anja Scherl mußte ihren Schnitt von ca. 18 Minuten pro 5km erst zwischen km 30 und 35 aufgeben.

    Für mich persönlich besteht ein Wettkampf darin, sich spielerisch zu messen. Das hat für mich nie etwas mit Humorlosigkeit oder den „teutschen Tugenden“ (hart wie Kruppstahl etc.) zu tun. Wenn vorher alles fair läuft, kann man auch um Platz 563 in einem Volkslauf sprinten und hinterher ein Bier zusammen trinken (oder einen Streuselkuchen essen). Ich persönlich freue mich, wenn ich so etwas sehe bzw. wenn jemand mit mir am Ende des Feldes noch einen so irrelevanten Platz aussprinten will. Und genau das erwarte ich auch und vor allem bei einem solchen Wettkampf wie dem Marathon der Olympischen Spiele. Wäre mir das Talent und Glück vergönnt, daran teilzunehmen, dann wäre ich nur dann zufrieden und ich könnte mich über das Erlebnis „Olympia“ freuen, wenn ich das an diesem Tag für mich maximal mögliche aus mir rausholen würde. Und genau diese Einstellung würde ich von den Athleten erwarten – nicht, dass sie immer auf dem Treppchen stehen, sondern dass sie die Einstellung besitzen, an dem entscheidenden Tag das maximal mögliche herauszuholen.

    Und zur Vermarktung: Ich bin sehr gespannt, ob wir nicht noch dieses Zielfoto der Hahners in der einen oder anderen Werbung zu Gesicht bekommen … denn es passt so sehr zu ihrem „Markenkern“: lächeln statt kämpfen. Dann würde hier wieder einmal mit Mittelmäßigkeit Kasse gemacht …

  17. Julia Says:

    Du sprichst mir aus der Seele! Besser kann man es nicht formulieren. Ich denke seit ein paar Tagen darüber nach, ob ich mich – wie viele – auch zu dem Thema „Zieleinlauf der Hahner-Zwillinge bei Olympia“ auf meinem Blog äußern soll oder ob ich es lasse.
    Jetzt habe ich Deinen Text gelesen und werde es lassen, denn besser könnte ich nicht ausdrücken, was ich denke. Ich sehe es ganz genauso.
    Ich habe mich bei all der Kritik, die ich gelesen habe, zwischenzeitlich gefragt, wie wir alle wohl reagiert hätten, wenn eine deutsche Läuferin und eine Läuferin einer anderen Nation sich 100 Meter vor dem Zieleinlauf die Hand gereicht hätten, um diesen olympischen Moment gemeinsam zu genießen. Hätten wir der deutschen Läuferin, egal ob ein Hahner-Zwilling oder nicht, dann auch vorgeworfen, nur an die Vermarktung zu denken? Oder hätten wir uns vor Begeisterung überschlagen, dass sich zwei Läuferinnen die Hand reichen, um bei Olympia gemeinsam ins Ziel zu laufen? Ich wette, Letzteres.
    Was ich furchtbar finde, ist der Umstand, dass die ARD noch kurz nach dem Rennen das Verhalten der Hahner-Zwillinge als „sympathisch“ bezeichnet hat. Und jetzt beugt sich die ARD plötzlich der Mehrheit und führt die Hahner-Zwillinge bei den „Flops“ von Olympia an. Dafür fehlen mir die Worte…

  18. Oliver Says:

    Eigentlich ging es ja irgendwie überhaupt nicht um die Hahners, sondern nur um die Schlagzeilen. Wenn die beiden ein Superrennen gemacht hätten, wäre möglicherweise das gleiche passiert, hätten sie vorzeitig aussteigen müssen, wohl auch. Irgendjemand haut drauf und alle machen genüsslich mit. Ob „Soziale Netzwerke“, Zeitungen, Fernsehen oder wasweißch, Hauptsache Schlagzeile. Das nervt gehörig.

  19. MagicMike2311 Says:

    Danke für den erfrischenden Artikel, auch wenn ich deine Meinung nicht teilen kann. Wenn ich bei Olympia oder bei einer WM/EM starte dann bin ich im Gegensatz zu einem Stadtmarathon zuerst einmal Vertreter meines Landes. Jeder von uns (Steuerzahlern)zahlt für die Sportförderung und erwartet daher von den Athleten ihre bestmögliche Leistung und nicht die maximal mögliche Selbstvermarktung.
    Deshalb fand ich diese Show reichlich deplatziert.
    Sicher hatten die Hahners andere Ziele, aber dass sie, nachdem sie ihr Ursprüngliches nicht erreichen konnten, nur ausgelaufen sind, um sich für die lukrativen Herbstmarathons zu schonen unterstelle ich jetzt mal.
    Ganz anders bei Stadtmarathons. Hier zahlt ein Sponsor, der vielleicht ganz andere Ziele beim „Einkauf“ seiner Athleten hat und das ist auch sein gutes Recht.
    Wobei ich der Meinung bin, dass sich auf Dauer dieser schmale Grat für die Hahner-Twins sowieso nicht halten lässt. Bald wird es mehr Anja Scherls geben, die mehr durch Leistung als durch Marketing auf sich aufmerksam machen und damit werden sich die Beiden entscheiden müssen. Und das ist gut so.
    Und bei einer Umfrage „Sollten die Hahners nochmal bei Olympia starten“ wäre mein Kreuzchen bei NEIN

  20. crsieben Says:

    Man kann bestimmt diese Meinung über das Auftreten der Hahners haben.

    Andere Meinungen aber über einen wohl besonders mühsam ausgearbeiteten Vergleich à la…

    „Nein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl waren die Hahners wohl nicht.“

    … in eine bestimmte Richtung zu rücken, ist argumentativ dermaßen niederträchtig, dass die paar guten Ansätze keine Würdigung mehr verdienen.

    Das war bodenlos dumm.

  21. Frauschmitt Says:

    Der Kommentar ist bodenlos unverschämt. Aber das wissen Sie ja selbst.

  22. Dagmar Says:

    Wie viele sind beim Marathon in aussichtsloser Lage ausgestiegen. Mit der ein oder anderen Ausrede oder Erklärung. Die Hahners haben dies nicht getan und sind bis zum Ende gelaufen. Die Art und Weise der Kritik erschreckt mich.

  23. Christian Says:

    Ich hatte mir den Marathon auch angeschaut, fand die Leistung von Anja Scherl großartig und die der Hahner Zwillinge beachtlich. Die Aufregung um ihre Inszenierung fand ich wie du merkwürdig bis deplaziert – sie dürfen / müssen nun mal von diesem Sport leben, da gehört Inszenierung und Marketing dazu. Mit einer winzigen Ausnahme: Der gemeinsame Zieleinlauf diente wohl in erster Linie dazu, ein cooles Foto zu produzieren. In dem Moment haben sie halt nicht „alles gegeben“, sondern die Leistung dem Marketing und der Inszenierung untergeordnet. Das kann man, finde ich, schon kritisieren, denn diese „alles geben“ unterscheidet Olympia, Weltmeisterschaften & Co. eben von Stadtläufen, Volksläufen und ähnlichem, zumindest für meine Begriffe.

    Aber ansonsten hätten alle Kritiker gut daran getan, ein paar Gänge zurückzuschalten und die Leistung der drei deutschen (und aller anderen) Frauen zu respektieren, die sich für diesen Lauf qualifiziert haben …


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  1. […] lächelnd den olympischen Marathon zu finishen, wiedert mich wirklich an. Meine Gedanken dazu hat Laufen mit Frau Schmitt in Worte gefasst. Danke für diesen tollen […]

  2. Lieblingsblogs Folge 30 - Coffee & Chainrings sagt:

    […] ich auch gerne einen Artikel verfassen. Soviel Ungemach, soviel Ärgernis und Unsportlichkeit. Laufen wir zu Frau Schmitt, die hat das Feld ein wenig […]

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